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[H1 Drei Fragen an eine spanische Fachkraft]
[H2 Im Gespräch mit Tamara Yuste aus dem Kinder- und Familienzentrum Augsburger Straße ]

Foto: Tamara Yuste, ©KiTa Bremen - Eigenbetrieb der Stadtgemeinde Bremen

Frühlingspost 2022 | 27.04.2022 - Im Ausland arbeiten, mit diesem Wunsch kam Tamara Yuste im Dezember 2020 als pädagogische Fachkraft nach Bremen. Gelebt und gearbeitet hat die studierte Erzieherin zuvor in der nord-spanischen Stadt Galicien. Frau Yuste ist eine von etwa dreißig zugewanderten pädagogischen Fachkräften, die KiTa Bremen seit 2018 im Rahmen eines Qualifizierungsprogramms beschäftigt. Ziel des Fachkräftegewinnungsprogramm ist es, Teilnehmende innerhalb von rund fünfzehn Monaten eine Gleichstellung als staatlich anerkannte Erzieherin oder Erzieher zu ermöglichen. Voraussetzung sind begleitende fachliche und sprachliche Qualifizierungen sowie das Kennenlernen der deutschen Berufspraxis. Wir trafen Frau Yuste in ihrer Praxisstelle im Kinder- und Familienzentrum Augsburger Straße und durften ihr drei Fragen zu Abenteuerlust, Herausforderungen und kulturellen Unterschieden stellen.

[H2 Frau Yuste, was hat Sie dazu bewogen, in Deutschland als Erzieherin arbeiten zu wollen? ]

„Ich wollte eigentlich schon immer gerne im Ausland leben und eine andere Kultur kennenlernen. Ich liebe Abenteuer. Zudem reizte es mich, andere pädagogische Konzepte zu erleben. Pädagogik ist ja von Land zu Land kulturbedingt sehr unterschiedlich geprägt. Für mich stellte sich also nie die Frage, ob ich ins Ausland gehe, sondern wann der beste Zeitpunkt dafür sei. Anfang 2020 fing ich an, im Internet zu recherchieren, welche Arbeitsmöglichkeiten ich als spanische Erzieherin im Ausland habe. Hierbei stolperte ich über das Qualifizierungsprogramm für pädagogische Fachkräfte in Bremen. Vor Programmstart lernte ich sechs Monate Deutsch in meiner Heimat und nun ja - jetzt bin ich hier.“

Sie leben und arbeiten seit 13 Monaten in Bremen. Welches Resümee ziehen Sie?

„Ich bin zufrieden und dankbar am Programm teilnehmen zu können - auch wenn ich auf die kalten Wintermonate in Bremen gut verzichten könnte. Ich habe das Glück bei KiTa Bremen in einem wirklich tollen Kinder- und Familienzentrum gelandet zu sein. Meine Kollegen und Kolleginnen unterstützen mich hier, wo sie nur können. Beim Arbeiten und im Alltag schränkten mich die sprachlichen Herausforderungen immer noch sehr ein. Zuhause in Spanien bin ich es gewohnt, sehr selbstständig zu sein. Hier in Deutschland bin ich auf die sprachliche Hilfe von anderen angewiesen. Das ist für mich schwer und verstärkte besonders am Anfang das Alleinsein-Gefühl. Was ich aber wirklich toll finde ist, wie tolerant hier miteinander umgegangen wird: In meiner Kultur tanzen und singen wir viel. Ich bringe dieses Temperament mit ins Kinder- und Familienzentrum. Meine Leitung und Kolleginnen sehen das als Zugewinn für das Team und auch für die Kinder. Ich fühle mich wirklich wohl und kann mir gut vorstellen, nach dem Ende des Programms weiter bei KiTa Bremen zu arbeiten.“

Was sind die größten Unterschiede zwischen deutschen und spanischen Kitas?

„Es werden ganz andere pädagogische Schwerpunkte gesetzt: Gilt es in Spanien Kindern, bis sie vier Jahre alt sind, schreiben, lesen und das Lösen erster Rechenaufgaben beizubringen, steht in Deutschland die Selbstbestimmtheit von Kindern im Mittelpunkt. Als ich das erste Mal hier in der Gruppenarbeit war, signalisierte mir beispielsweise ein Kind, dass ich nicht mitspielen darf. Das war für mich wirklich seltsam, denn bis dahin war ich es gewohnt, dass Kinder meinen Anweisungen folgen. In Deutschland ist es nicht so gradlinig. Hier bringen auch Kinder mir etwas bei. Sie sind viel selbstständiger und reifer. Das sieht man auch beim Spielen. In Spanien geben wir Erwachsene immer eine Beschäftigung vor. Hier beschäftigen sich die Kinder im Freispiel selbstständig miteinander. Ich kann mir vorstellen, dass es für mich als Pädagogin schwer werden wird, wenn ich wieder zurück nach Spanien gehe."

Herzlichen Dank für das Gespräch.